Kein Wunder, dass wir alle überfordert sind
Podcaster*innen sind nicht länger nur Podcaster*innen. Außerdem: eine Podcast-Empfehlung zum weniger allein fühlen. Und: ein Interview mit Daniela Ullrich von »MENOMIO«.
Das hier ist BEIFAHRERSITZ, ein Newsletter darüber, wie es wirklich ist, einen eigenen Podcast zu machen. Spoiler: sehr holprig. (Dazu gibt’s Branchen-News, neue Releases und Interviews.) Ihr wollt mitfahren? Dann einfach hier einsteigen:
Letzte Woche hab ich hier in den News einen LinkedIn-Beitrag von Max Cutler geteilt – eigentlich nur in einem Nebensatz. Trotzdem hat er mich noch die ganze Woche begleitet.
Kurz zu Max Cutler: Er hat 2016 das Studio Parcast gegründet, das drei Jahre später von Spotify gekauft wurde. Danach war er Head of Talk Creator Content & Partnerships bei Spotify. 2024 hat er PAVE Studios gegründet.
Auf LinkedIn schreibt Max Cutler, dass bei seinen PAVE Studios Podcasts nur noch »Shows« genannt werden – »because that’s what this is now« […] »The lines between podcasts, talk shows, and TV are gone. What matters now is attention. And attention doesn’t care if it’s playing on Spotify, Apple, YouTube or TikTok.«
Aber eine Stelle in seinem Beitrag hat mich besonders nachdenklich gemacht:
Podcaster*innen sind nicht länger nur Podcaster*innen. Sie müssen eine Serie leiten, vermarkten, ein Business führen und eine Marke aufbauen. Sie müssen ihre Inhalte über YouTube, Spotify, Apple, TikTok, Instagram und Co. distribuieren, die Inhalte für jede Plattform anpassen, Live-Events veranstalten, Merch verkaufen, eine Community aufbauen, Monetarisierung verstehen, Deals mit Marken aushandeln, die verschiedenen Werbeformen kennen – oder ein Team aufbauen, das sich darum kümmern kann.
Max Cutler schreibt selbst: »Overwhelming!« Kein Wunder also, dass wir alle überfordert und überarbeitet sind!
Seiner Meinung nach wird es in Zukunft schwer für Solo-Kreative. Für wirklich erfolgreiche Podcasts braucht es tiefgreifende Kooperation (ich denke mal, mit Firmen / Leuten, die Geld haben). 🥲
Ich hab in diesem Newsletter schon oft darüber geschrieben, wie viel die Branche mittlerweile von Podcaster*innen abverlangt. Dass ich jetzt schon keine Zeit finde, meine Inhalte auf Social Media zu promoten. Vor allem nicht, wenn ich für die Zeit nicht bezahlt werde. Dass ich nicht weiß, wie lange ich meinen Podcast überhaupt noch durchziehen kann, ohne Geld damit zu verdienen.
Und das Gleiche gilt auch für diesen Newsletter. Ich bin sehr dankbar für meine vier Supporter*innen, die den BEIFAHRERSITZ finanziell unterstützen. Aber ich bin noch weit davon entfernt, mir ein angemessenes Gehalt zahlen zu können.
Und klar, man muss weder mit einem Podcast noch mit einem Newsletter Geld verdienen. Aber das hier ist für mich kein Hobby. Das ist echt viel Arbeit.
Deswegen:
Wenn euch dieser Newsletter hilft, dann würde ich mich wahnsinnig freuen, wenn ihr Mitglied werdet – es gibt auch tolle Dankeschöns für euch, z.B. monatliche Live-Sessions, in denen ihr mich alles zu Podcasts fragen könnt. 🤓
❤️ DANKE an Andreas Sator, Daniela Ullrich, Ole & Tore Klein und Ellie Media die diesen Newsletter bereits finanziell unterstützen!
Ihr sucht nach Podcasts für Crosspromo?
Es gibt eine neue Rubrik in diesem Newsletter: die TAUSCHBÖRSE, in der ihr nach Podcasts für Crosspromo suchen könnt, die eine ähnliche Zielgruppe haben.
Crosspromo kann bedeuten, dass ihr euch gegenseitig als Gast in eure Podcasts einladet. Oder dass jede*r einen kurzen Werbespot für den jeweils anderen Podcast einbaut. Oder dass ihr Folgen des anderen in eurem Feed dropt. Oder dass ihr zusammen eine Folge aufnehmt, die in beiden Feeds veröffentlicht wird. Eurer Kreativität sind keine Grenzen gesetzt!
Die TAUSCHBÖRSE findet ihr nach den News im AUTORADIO. 👇
Wie machen das eigentlich die anderen?
Ihr wisst ja, mein Ziel mit diesem Newsletter ist es auch, euch Einblick in die Arbeit anderer Podcaster*innen zu geben. Ich fühle mich dadurch immer ein bisschen weniger allein mit meinen Problemen. (Passt auch perfekt zum Thema der heutigen Ausgabe. 🥲)
Deswegen möchte ich euch eine Podcastfolge empfehlen:
Für die 200. Episode von »So geht Podcast« hat Host Giovanni Pellegrino 20 verschiedene Podcasts eingeladen – in einer einzigen Folge. Das Ergebnis ist eine fast fünf Stunden lange Reise durch die Vielfalt der Podcast-Welt.
Jede*r Podcaster*in hatte rund zehn Minuten Zeit, um über ein Thema seiner / ihrer Wahl zu sprechen: von technischen Pannen, über Video-Podcasting, bis GEMA und rechtliche Grauzonen. Übergreifend zog sich durch viele Gespräche ein zentrales Thema: Die Balance zwischen Regelmäßigkeit und Selbstfürsorge. 🙏 Denn so wichtig es ist, konstant Inhalte zu liefern – genauso wichtig ist es, sich bewusst Pausen zu erlauben. Burnout, kreative Erschöpfung und der Druck, immer abliefern zu müssen, werden mehrfach offen angesprochen.
Die Episode macht deutlich: Nachhaltiges Podcasten bedeutet auch, auf sich selbst zu achten. Diese Episode ist ehrlich, nahbar und vollgepackt mit Learnings. Sie zeigt, wie bunt und tiefgründig die Podcast-Community ist und warum es sich lohnt, ein Teil davon zu sein. ❤️
Vom Podcast gelernt
Außerdem gibt’s heute mal wieder einen Blick unter die Motorhaube: Daniela Ullrich hat mit »MENOMIO« ein kleines Podcast-Imperium um das Thema Wechseljahre geschaffen. Wie sie das geschafft hat, erfahrt ihr hier:
Daniela Ullrich, gelernt von »MENOMIO - Der Podcast für glückliche Wechseljahre«
»Mein Ziel im ersten Monat war: 100 Frauen erreichen. Und dann waren es knapp 1000. Da habe ich mir eine Halle mit 1000 Menschen vorgestellt und dachte: Geh, leck!«
»Momentan habe ich so 25.000 Streams pro Monat.«
»Als ich den Podcast vor zweieinhalb Jahren gestartet habe, war ich 47. Ich dachte, mit Mitte 50 kann ich mal darüber nachdenken, mit dem Podcast Geld zu verdienen. Dass das jetzt so schnell funktioniert hat, traue ich mir fast nicht zu sagen. Ich bin in dieser privilegierten Situation, dass ich mehr Werbekooperationen ab- als zusage.«
»Mit Folge 1 hat es begonnen, dass mir wildfremde Frauen nicht nur zusprechen, sondern teilweise die intimsten Details teilen, weil sie sonst niemanden haben, mit dem sie darüber sprechen können. Es ist sehr zeitintensiv, da zurückzuschreiben – und mein meist getippter Satz ist sicher: Ich bin keine Expertin. Ich bin Journalistin und weiß, wie man an Expertinnen und Experten rankommt, die die Antworten haben.«
»Mein größter Wachstumshebel war die Episode mit Sheila de Liz. Sie ist die führende Ärztin für Wechseljahre – eine Amerikanerin, die in Deutschland lebt. Sie hat das Buch ›Woman on Fire‹ geschrieben. Das ist für ganz viele Frauen ein Türöffner in die Welt der Wechseljahre. Sie war ein großer Hebel, da habe ich dann kontinuierlich die 10.000-Marke erreicht. Aber große Namen funktionieren nicht immer. Meistens ist es tatsächlich das Thema, welches zieht.«
»Seit Januar veröffentliche ich wöchentlich. Davor waren es immer Expert*innen-Talks, aber das war mir selbst dann irgendwann zu fad. Auf Veranstaltungen habe ich immer die Erfahrung gemacht, dass sich Frauen gerne gegenseitig zuhören, wenn sie von ihren Struggles erzählen. Also haben wir jetzt abwechselnd eine Woche den Expert*innen-Talk und die andere Woche den ›Wechsel-Wirkung-Plausch‹, wo Frauen aus der Community und dem öffentlichen Leben von ihren Erfahrungen erzählen.«
»Social-Media-Material für die Gäste bereite ich nicht vor – aber das sollte ich wirklich machen. Das einzige, das ich mache, sind Co-Creator-Posts. Aber ich poste zu jeder Folge auch das Episoden-Cover auf Instagram, ein Zitat von meiner Gesprächspartnerin und meistens mache ich dann noch ein Reel mit meinen drei größten Learnings aus der Episode.«
»Dass ich jetzt nicht mehr alle zwei Wochen, sondern jede Woche veröffentliche, macht sich sehr in den Zahlen bemerkbar – ich habe bestimmt 50 % dazu gewonnen. Es macht sich aber natürlich auch in der Arbeit bemerkbar. Wenn ich gewusst hätte, worauf ich mich einlasse, hätte ich letztes Jahr schon angefangen, vorzuproduzieren.«
»Personal Branding hat einen riesengroßen Stellenwert für mich – ist aber auch mein größter Pain. Ich kann mir meine Haare nie wieder abschneiden oder anders färben. Ich werde mittlerweile sogar angesprochen. Ich bin jetzt eben die mit den roten Haaren.«
»Ich vergebe das MENOphänale Gütesiegel an Unternehmen. Manchmal kommen sie auf mich zu, weil sie den Podcast gehört haben, manchmal wende ich mich an das Diversity Management in Unternehmen. Das funktioniert in drei Stufen. Stufe 1 ist eine Awareness Keynote, die ich halte. Stufe 2 ist ein Workshop, wo ich gemeinsam mit MENOangels, also Mitarbeiterinnen, die sich bereit erklären, erarbeite, was man im Unternehmen anpassen, ändern, möglich machen kann. Stufe 3 ist dann das Gütesiegel, das das Unternehmen verliehen bekommt, wenn es die Stufen durchlaufen hat und sich jährlich evaluieren lässt.«
»Ich veranstalte auch Events, die MENOsausen, ich verkaufe die MENObrause und die Schweißperle, eine Art Handschuh, mit dem man sich den Schweiß bei Hitzewallungen von der Stirn wischen kann. Viele machen das mit Papiertaschentüchern, aber da hat man dann manchmal Papierfussel im Gesicht kleben.«
»Ich bin mit dem weltbesten Ehemann verheiratet, der aus dem strategischen Marketing kommt. Wir haben einen Markencode für MENOMIO erarbeitet – deswegen kommt bei mir alles aus einem Guss.«
»Ich glaube, das Wichtigste ist zu wissen: Was will ich mit meinem Podcast erreichen? Das sagt man immer so. Aber in Wahrheit musst du es bei jeder Episode, bei allem was du tust, bei allem was du transportierst und wie du sprichst, fühlen.«
📊 Sounds Profitable hat endlich den zweiten Teil von »The Advertising Landscape 2025« veröffentlicht, es geht um »Attention and Trust«. 22 verschiedene Werbefinanzierte Plattformen – darunter natürlich Podcasts – wurden miteinander verglichen: »What we found isn’t just good news for podcasting—it’s a complete reframing of how we should think about the medium’s role in the advertising ecosystem.« Mehr dazu hier.
💸 HelloFresh war 2024 die Firma, die am meisten für Podcast-Werbung in Deutschland ausgegeben hat (€8 Mio.), gefolgt von KoRo (€5,2 Mio.), Amazon (€3,6 Mio.), Babbel (€3,4 Mio.) und Vodafone (€3,3 Mio.), besagt eine Analyse von Magellan AI. Insgesamt wurden bei uns knapp 90 Millionen Euro für Podcast-Ads ausgegeben.
💡 Wie verkauft man Podcasts an die, die die Entscheidungen treffen – aber dem Medium gegenüber skeptisch sind? Das verrät JAR Audio und gibt einen Einblick in den Pitching-Prozess.
📊 Der Performance Benchmark Report von Podscribe enthält zum ersten Mal auch Insights aus Deutschland. Dafür wurden Daten von über 67.000 Audio-Kampagnen auf der ganzen Welt ausgewertet.
💬 Auf welche Metriken es bei Podcasts wirklich ankommt, verrät Alban Brooke von der Hosting-Plattform Buzzsprout im Interview mit dem Newsletter Podcast Marketing Magic.
📺 Alex Cooper, die erfolgreichste Podcasterin der Welt (»Call Her Daddy«), bekommt eine zweiteilige Dokuserie: »Call Her Alex«. Ab heute auf Hulu, bei uns auf Disney+.
📍 Am 13. und 14. Juni findet wieder das Podcamp in Düsseldorf statt, ein jährliches Barcamp zum Erfahrungsaustausch und ums Podcasting.
📣 Podigee sucht eine*n Content Manager*in, Vollzeit in Berlin.
Johanna und Nina vom Podcast »Prinzipiell Ok« suchen: Gäste
»Hi, wir sind Johanna und Nina – zwei Freundinnen aus der digitalen Kommunikationswelt, die über das Leben in den 20ern und 30ern sprechen. Zwischen Karriere, Selbstfindung und Popkultur fragen wir uns (und euch): Muss man eigentlich mit Anfang 30 schon alles »geregelt« haben? Wir nehmen euch mit in unsere Gespräche über das, was uns beschäftigt – von TikTok-Trends bis Systemkritik.«
Zielgruppe: weiblich, hauptsächlich zwischen 28 und 34 Jahre
Größe: 65+ Follower*innen bei Spotify
Wenn ihr bei Johanna und Nina zu Gast sein und / oder sie in eurem Podcast zu Gast haben wollt, meldet euch bei mir: hallo@beifahrersitz.online. Gerne auch, wenn ihr selbst auf der Suche nach Crosspromo mit passenden Podcasts seid!
Deutschlands vermutlich bekannteste Camperin – Bettina Tietjen – plaudert mit ihren Gästen »Ins Blaue« über das Campen, Reisen und Zeit in der Natur.
Können junge Leute auf dem Land noch die große Liebe finden? Das fragt »Live Love Land«, ein Projekt von Student*innen der Uni Leipzig und MDR Wissen.
Philosophin Barbara Bleisch öffnet die Tür zum »Zimmer 42«, um Menschen aus Philosophie, Psychologie und Popkultur Lebensfragen zu stellen, die uns nachts wach halten.
»doku drops« ist das monatliche Magazin für kurzes dokumentarisches Audio: süße Drops, saure Drops, Tropfen, die Wellen schlagen, Tränen der Freude, der Rührung oder der Wut, Mike drops, kleine Einheiten, die Teil eines größeren Ganzen sind.
Die Trailer der neusten Podcasts als Playlist zum Durchstöbern und Entdecken:
Ihr habt auch einen neuen Podcast? Schreibt an hallo@beifahrersitz.online.
Generell könnt ihr neue und bestehende Podcasts auch kostenlos auf meiner Discovery-Plattform ANSCHNALLEN einreichen: