Wie produziert man einen Podcast, den Jan Böhmermann empfiehlt?
Heute gibt's ein paar gute Tipps von US-Podcast-Experten. Und ich habe Lea Utz von »Telephobia« gefragt, was sie von ihrem Podcast gelernt hat.
Das hier ist BEIFAHRERSITZ, ein Newsletter darüber, wie es wirklich ist, einen eigenen Podcast zu machen. Spoiler: sehr holprig. (Dazu gibt’s Branchen-News, neue Releases und Interviews.) Ihr wollt mitfahren? Dann einfach hier kostenlos einsteigen:
Wie wird mein Podcast möglichst groß? Das hat Riverside auf der Podcast Movement Evolutions vier Podcast-Experten (es waren leider nur Männer 🥲) gefragt.
Alban Brooke von Buzzsprout gibt Tipps für die Zielgruppen-Analyse: »Wer soll deinen Podcast hören?« (Die Antwort sollte nicht lauten: alle). Je detaillierter du deine Hörer*innen vor Augen hast, desto besser.
James Cridland von Podnews: »Kannst du deinen Podcast in 10 Worten beschreiben?« (Die Antwort sollte nicht lauten: Es geht um alles mögliche.) Dein Podcast braucht einen Elevator-Pitch, damit deine Hörer*innen wissen, wie sie ihn weiterempfehlen sollen.
Nathan Gathright von episodes.fm: Wenn du Werbung für deinen Podcast machen willst, mach’s da, wo Leute in der Stimmung sind, einen neuen Podcast zu entdecken. (Er sagt nicht genau, welche Kanäle er damit meint, aber aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Werbung in anderen Podcasts macht sehr viel Sinn.)
Matthew Passy von Libsyn: Was ist das Versprechen deines Podcasts? Wieso sollten Hörer*innen ihre wertvolle Zeit für dich opfern? Welchen Mehrwert bietest du?
Podcast-Urgestein Tom Webster hat ein Buch geschrieben, das in die gleiche Kerbe schlägt. Ich hab’s im Newsletter schon mal empfohlen: »Dieses Buch sollten alle Podcaster*innen gelesen haben«.
Er hat außerdem gerade einen sehr lesenswerten Artikel bei Sounds Profitable veröffentlicht, in dem er erklärt, wie wir neue Hörer*innen zu Fans machen: Indem wir nicht nur eine Bühne bauen, sondern ein Theater.
Das ist natürlich metaphorisch gemeint. Der Podcast ist die Bühne – das, worum wir uns am meisten kümmern. Dabei brauchen wir auch einen Backstage-Bereich und eine Lobby. Was er damit meint und wie wir das hinkriegen, lest ihr hier.
Letzte Woche sind hier ganz viele neue Leser*innen dazu gekommen. Herzlich willkommen! ❤️ Ansporn war für viele wahrscheinlich der Zugang zu meiner neuen TANKSTELLE – ein Verzeichnis für Podcast-Studien, Podcast-Studien, Umfragen, Reports, Playbooks, Whitepapers und Case Studies.
Falls ihr euch fragt, wo euer Zugang geblieben ist: Ihr findet den Link entweder in eurer Willkommens-Mail, die ihr direkt nach der Anmeldung bekommen habt – oder falls ihr schon länger dabei seid, habt ihr Donnerstag eine Extra-Mail von mir bekommen.
Die TANKSTELLE wird übrigens jede Woche aktualisiert. Heute kamen zum Beispiel diese drei Publikationen dazu:
»The State of Video Podcasting« von Coleman Insights und Amplifi Media (daraus: »5 Charts That Will Change How You Think About Podcasts«)
»Podcast advertising: 2024 review and 2025 preview« von Magellan AI (sehr spannend zu sehen, welche Branchen letztes Jahr am meisten in Podcast-Werbung investiert haben)
Case Study: »Dynamische Podcast-Werbung mit Künstlicher Intelligenz« von AudioStack, am Beispiel der ARD-Quizshow »Wer weiß denn sowas?« (darauf aufmerksam geworden bin ich durch einen LinkedIn-Post von Lukas Brändle)
Hier gibt’s noch mehr Tipps! Ich habe vor zwei Wochen ein Format wiederbelebt, das ich mir damals, als ich noch bei Podstars gearbeitet hab, für den wöchentlichen Newsletter ausgedacht hatte: »Vom Podcast gelernt«.
Für das Format hatte ich mich von der Zeitschrift NEON inspirieren lassen (treue Leser*innen wissen natürlich, dass ich früher in der Online-Redaktion von NEON gearbeitet habe). Auf der letzten Seite war immer ein Interview mit einem Promi. Aber nicht mit Frage, Antwort, Frage, Antwort. Sondern die besten Sätze aus dem Interview standen für sich. Die Rubrik hieß »Vom Leben gelernt«. Nur interviewe ich keine Promis, sondern Leute hinter den Podcast-Kulissen.
Für die neue Ausgabe habe ich Lea Utz von »Telephobia« befragt. Morgen erscheint die neue Staffel übrigens auf allen Plattformen, bisher gab’s sie nur in der Audiothek.
Lea Utz, gelernt vom Podcast »Telephobia«
»Die Idee entstand, als ich mein Volontariat beim BR gemacht habe. Damals hatten wir einen Podcast-Workshop, eigentlich eher als Konzeptübung – aber dann hat der Prototyp so gut funktioniert, dass wir weitergemacht haben.«
»Es ist ein Privileg, dass man uns die Zeit und die Ressourcen gegeben hat, eine Weile rumprobieren zu können. Die Zeit brauchten wir, um ›Telephobia‹ zu finden. Das zeigt, dass es sich lohnt, Leuten etwas zuzutrauen, die an eine Idee glauben – auch wenn es keine bekannten Stimmen sind.«
»Eine gute Geschichte zu finden, ist wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Wir haben uns sogar auf die Straße gestellt und Leute angesprochen, was in einem Fall von Staffel 1 tatsächlich funktioniert hat. Aber leider nur das eine Mal.«
»Mittlerweile zehren wir von unserer Arbeit aus Staffel 1 und 2. Leute aus der Community melden sich selbst mit ihren Problemen bei uns. Wir haben uns einen Vertrauensvorschuss erarbeitet.«
»Es passiert oft, dass sich eine Geschichte doch nicht trägt. Oder die Person, die angerufen werden soll, nicht mitmachen will. Deswegen versuchen wir in manchen Fällen recht früh herauszufinden, ob die andere Seite mitmacht, bevor wir das erste große Interview mit unseren Protagonist*innen führen. Manchmal geht das aber auch nicht, weil es für die Geschichte wichtig ist, dass sich alles organisch ergibt. Dann geht man eben das Risiko ein, ein paar Stunden Interview umsonst aufgenommen zu haben, weil es später im Papierkorb landet. Aber die Ergebnisoffenheit ist ja auch das Schöne: Man weiß nie, wie es ausgeht.«
»Eins der wichtigsten Kriterien ist, dass die subjektive Fallhöhe unserer Protagonist*innen hoch genug ist. Dieser Anruf muss wirklich wichtig für sie sein – auch wenn objektiv betrachtet erstmal gar nicht so viel auf dem Spiel steht.«
»Am Anfang bekommen wir eine Sprachnachricht oder eine E-Mail von einer Person, die sich vor einem wichtigen Anruf drückt. Danach führen wir ein längeres Vorgespräch am Telefon. Das übernimmt meistens meine Kollegin Amelie, damit die Leute später im Podcast nicht das Gefühl haben, sie haben mir das alles schon einmal erzählt.«
»Viele Hörer*innen melden sich mit ihrem Problem, nachdem sie von einem ähnlichen in unserem Podcast gehört haben. Deswegen müssen wir immer darauf achten, dass sich die Fälle nicht zu sehr ähneln.«
»Nach dem ersten Vorgespräch und noch vor dem großen Interview versuchen wir schon mal grob auf dem Reißbrett ein Storyboard anzulegen. Das verändert sich dann noch ganz viel, aber wir versuchen die wichtigsten Wendepunkte klar zu haben, bevor ich ins Interview gehe.«
»Nach dem ersten großen Interview gibt es meistens noch ein zweites Treffen, bei dem wir dann den Anruf machen.«
»Für jede Folge machen wir zwei Table Reads, bei denen wir uns in einen Raum setzen mit drei, vier schlauen Köpfen, die Folge einmal komplett vorlesen und die Töne dazu abspielen. Da merkt man, was funktioniert und was nicht.«
»Ich bin morgens aufgewacht und hatte jede Menge Nachrichten auf WhatsApp, dass Jan Böhmermann uns bei »Fest und Flauschig« empfohlen hat. Das war der Moment, wo ich gedacht habe: Okay, vielleicht können wir auch noch eine zweite Staffel machen. Es hat sich ein bisschen unwirklich angefühlt, aber total schön.«
»›Telephobia‹ ist in der Form, wie wir es gerade machen, nicht möglich als Always-on-Format. Der Beziehungsaufbau mit den Protagonist*innen und das Storytelling aus einer Hand kosten Zeit. Ich glaube, mit einem größeren Team wäre es schwierig, genauso nah und host-zentriert zu erzählen. Zum Glück haben wir inzwischen eine loyale Community, die sich auf jede neue Staffel freut. Klar, es geht immer mainstreamiger, aber wird sind eher ein Liebhaber-Podcast, glaub ich.«
»Als wir den Deutschen Podcastpreis bekommen haben, war das eine super schöne Anerkennung. Es war toll, von anderen Podcastmacher*innen gesehen zu werden.«
»Unsere Geschichten fühlen sich oft rund an. Und selbst, wenn es kein Happy End gibt, bleibt am Ende so ein wohliges Gefühl. Das macht unser Format aus – aber ich würde in Zukunft gerne noch mehr Raum für Amivalenzen lassen. Für Schlenker und Zwischentöne, die zeigen, dass die Realität nicht immer ein Bilderbuch ist.«
💸 Spotify hat seit Januar mehr als 100 Millionen Dollar an Podcaster*innen gezahlt. Seit diesem Jahr gibt es ja das neue Spotify Partner Program, an dem es auch immer wieder Kritik gibt. Heute startet es auch in Deutschland.
📊 Ab wann ist ein Podcast »gut«? Omny Studio hat die Podcasts, die bei ihnen gehostet sind, analysiert. Ein Beispiel: Mit 7091 Downloads pro Folge in den ersten 30 Tagen gehört man schon zu den Top 5%.
🏆 Die New York Times fragt: »Podcasts Want Their Own Version of the Oscars. Could It Be Any of These?«
🏆 Die Landesanstalt für Medien NRW vergibt auch dieses Jahr den Audiopreis, bis zum 20. Mai könnt ihr euch bewerben.
📊 YouGov fragt: »Where are global podcast–listeners in 2025?« Im europäischen Vergleich anscheinend (noch) nicht in Deutschland.
🎥 YouTube ist 20 Jahre alt geworden und hat ein paar Insights geteilt (leider keine über Podcasts). Aber John Wordock liefert 20 Fragen, die sich Podcaster*innen über YouTube stellen sollten, Chris Stone verrät »The YouTube podcast growth hack no-one talks about«.
💡 Quill Podcasting schreibt: »The Art of Subtle Branding in Branded Podcasts«.
💡 Kennt ihr schon die (angebliche?) »5/15«-Regel von Apple Podcasts?
📍 Meine Freundin Laura vom Podcast »Feminismus mit Vorsatz« gibt am 15. Mai einen Online-Workshop: »Tools & Tricks für starke Podcasts«.
📍 Am 1. Mai um 20 Uhr gibt’s ein kostenloses Webinar von Podglomerate und AIR: »What Audio Producers *Really* Need to Know About Video Podcasting«.
Rudolf Hetzel ist leidenschaftlicher »Fanboy for Life« und möchte Stars mit Fragen löchern – aber nur dann, wenn sie auch seine Laufleidenschaft teilen.
In »Wind und Wurzeln« bringt Marina Weisband Ordnung ins Chaos, mit klarem Blick, umfassender Recherche und einer Portion Medienkritik.
In vier Teilen des »Popecast« erzählt die ARD die Geschichte von Papst Franziskus.
Was braucht die junge Generation, um die größten Herausforderungen der Welt zu bewältigen? »Spark« sucht nach Antworten.
Wir alle sind Goldkonsumenten. Aber: Wissen wir auch, woher das viele Gold kommt? »Die Goldspur – Über die dunkle Welt des Goldhandels«
Schon mal dran gedacht alles hinter dir zu lassen?! Einfach »Delete« drücken und irgendwo neu anfangen. Ein Thriller-Hörspiel.
Die Trailer der neusten Podcasts als Playlist zum Durchstöbern und Entdecken:
Ihr habt auch einen neuen Podcast? Schreibt an hallo@beifahrersitz.online.
Alle Podcasts könnt ihr außerdem auf meiner neuen Plattform einreichen!
Darf ich auch noch Zugang zur Tankstelle bekommen 🥺 so ein tolles Angebot, danke! Auch der Newsletter allgemein. Hab dich schon bei Mixdown gelesen :)
Ich find dieses Format sehr hilfreich. Danke dir!